Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Energiewende im öffentlichen Verkehr: Erkenntnisse aus dem CE4CE-Projekt

Am 21. November 2024 brachte ein richtungsweisendes Webinar führende Köpfe der Mobilitätsbranche und Nachhaltigkeitsexperten zusammen. Im Rahmen der European Week of Regions and Cities diskutierten die Teilnehmer das Thema „Kreislaufwirtschaft als Treiber der Energiewende im öffentlichen Verkehr“. Das Event, das vom CE4CE-Projekt organisiert wurde, beleuchtete innovative Ansätze und Pilotprojekte, die die Zukunft des öffentlichen Verkehrs neu definieren könnten.

Die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels

„Die Elektrifizierung des Verkehrs reicht nicht aus, um die gesamten ökologischen Auswirkungen zu bewältigen“, erklärte Laura Lopez von Rupprecht Consult. Sie betonte, dass 50 bis 60 % der Emissionen eines Elektrofahrzeugs in der Produktion, vor allem durch die Herstellung von Batterien, entstünden. „Kreislaufwirtschaft bietet einen holistischen Ansatz, um diese Emissionen zu minimieren, indem wir die Lebenszyklen von Ressourcen verlängern und Materialien effizienter nutzen.“

Diese Einschätzung wurde durch die Ergebnisse einer Teilnehmerumfrage während des Webinars untermauert: Die Mehrheit sah den größten Handlungsbedarf im Bereich „Vermeidung und Wiederverwendung“ anstelle von reinem Recycling.

Praxisnahe Pilotprojekte: Von Gdynia bis Bergamo

Die Kreislaufwirtschaft gewinnt durch die Pilotprojekte des CE4CE-Konsortiums greifbare Konturen.

In Gdynia wird ein digitaler Zwilling des Energieflusses eingesetzt, um Szenarien für die Elektrifizierung der Busflotte zu simulieren. „Unsere Analysen zeigen, dass eine Kombination aus Oberleitungsbussen und Gelegenheitsladungen eine optimale Balance zwischen Kosten und Energieeffizienz bietet“, erklärte Prof. Dr. Marcin Wolek von der Universität Gdańsk. Mit dem Einsatz von Batterie-Recycling und der Integration von Photovoltaikanlagen in das Oberleitungssystem kann die Stadt den CO₂-Fußabdruck ihrer Verkehrsinfrastruktur erheblich reduzieren.

In Bergamo wird die Wartung von Fahrzeugen und Infrastruktur revolutioniert. Ein Sensorsystem sammelt Echtzeitdaten von Straßenbahnen, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen. Jan Röhl von KRUCH Railway Innovations erläuterte: „Unsere KI-basierten Analysen zeigen, dass wir durch vorausschauende Wartung Energieeinsparungen von bis zu 10 % und eine signifikante Verlängerung der Lebensdauer von Fahrzeugen erreichen können.“

Die Bedeutung der Infrastruktur im Kontext der Kreislaufwirtschaft

Während Fahrzeuge oft im Mittelpunkt stehen, betonte Marta Voranovic vom Trolley Motion Verband, dass die Infrastruktur ein „unsichtbares Rückgrat“ des öffentlichen Verkehrs sei. „Es ist entscheidend, dass wir bereits in der Planungsphase auf ressourceneffiziente Konstruktionen setzen und bestehende Anlagen optimal nutzen.“ Beispiele wie die Verbindung von Wohngebiets-Solaranlagen mit Straßenbahn-Oberleitungen oder die Wiederverwendung alter Straßenbahnschienen in neuen Projekten illustrieren das Potenzial einer intelligenten Ressourcennutzung.

Herausforderungen und nächste Schritte

Trotz der positiven Ansätze bleiben Hindernisse bestehen. Teilnehmer nannten in Umfragen unter anderem mangelndes Bewusstsein, fehlende Finanzierung und regulatorische Barrieren als zentrale Herausforderungen. „Wir müssen nicht nur die technologischen Grundlagen schaffen, sondern auch Entscheidungsträger davon überzeugen, dass Kreislaufwirtschaft nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch vorteilhaft ist“, erklärte Ana-Maria Baston von Rupprecht Consult.

Das CE4CE-Projekt plant, diese Hürden durch die Entwicklung von Best-Practice-Katalogen, praxisnahen Schulungen und einem digitalen Marktplatz für gebrauchte Komponenten zu überwinden. Dieser soll als Plattform für den Austausch und die Wiederverwendung von Materialien dienen, um die Ressourceneffizienz europaweit zu steigern.

Fazit

Das Webinar hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Integration von Kreislaufwirtschaftsprinzipien in den öffentlichen Verkehr weit über Nachhaltigkeitsziele hinausgeht. Sie bietet die Chance, Städte resilienter, kosteneffizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Wie Laura Lopez treffend formulierte: „Kreislaufwirtschaft ist kein Zusatz, sondern ein Muss, wenn wir den Verkehr der Zukunft nachhaltig gestalten wollen.“

Über das CE4CE-Projekt
Das Projekt wird im Rahmen von Interreg Central Europe gefördert und umfasst 11 Partner aus 6 Ländern. Es zielt darauf ab, innovative Strategien und Lösungen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im öffentlichen Verkehr zu entwickeln und zu verbreiten.

Circularity as a driver of the energy transition in public transport – a look into the future